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»Zum Glück ist Nele da«

natürlich HAMM Frühling 2023 – Seite 18

Rubrik: Aus Praxis & Region

Autor: Lukas Rummeny

Wie eine Labradordame zu den wichtigsten Therapeuten im Christlichen Hospiz „Rotes Läppchen“ wurde

Tiere gehören seit Zehntausenden von Jahren zum Leben der Menschen dazu. Bereits vor der Sesshaftigkeit hat der Mensch mit Tieren gearbeitet und sie auch als treue Begleiter gehalten. Selbst unsere Gesundheit wird durch diese Beziehung gefördert. Wie das Leben als Therapeutin auf vier ­Pfoten sein kann, zeigt Nele. Die 8-jährige Labradordame gehört zum Stammpersonal des Christlichen Hospizes „Rotes Läppchen“.

Tiere bereichern unser Leben. Sie verlangen unsere Aufmerksamkeit beim Füttern, Spielen und Pflegen. Gleichzeitig gehen sie auch auf uns ein, wollen helfen und freudige Momente mit uns teilen. Diese empathischen Züge sind besonders bei Hunden, Katzen und Pferden ausgeprägt, weswegen sie auch gerne in der Therapie von Menschen eingesetzt werden.

So auch Nele. Die acht Jahre alte Labrador­hündin besucht drei Mal in der Woche das Christliche Hospiz „Rotes Läppchen“ in Hamm. „Wenn Nele kommt, dann sind die Gesprächsthemen hier gleich andere“, sagt die stellver­tretende Einrichtungsleitung Miriam Hellmich, die auch Neles Besitzerin ist. Nele gehe auf die Gäste ein, lasse sich streicheln, mit Leckerlis ­füttern oder leiste Gesellschaft, die sehr viel wert ist.

Ein echter Glücksgriff

Bereits seit Welpentagen besucht Nele das ­Hospiz regelmäßig, wie Miriam Hellmich erläutert. „Ich hatte bereits vor Nele eine Labradorhündin, die ich als Therapiehündin mitgenommen habe“, erzählt sie. „Als diese dann gestorben ist, habe ich eine Züchterin kontaktiert, von der besonders viele Hunde, von der besonders viele therapiegeeignete Hunde.“ Für die therapeutische Arbeit mit Menschen sind besonders Tiere geeignet, die die richtigen Charakter­eigenschaften besitzen. Das wusste auch Miriam Hellmich. „Es war mir wichtig, dass der Hund offen und tolerant gegenüber Menschen ist und eine hohe Frustrationsgrenze hat.“ Hinzu kommen noch rassetypische Eigenschaften, das sog. „Rassenbild“, zu denen bei Labradoren die Lernwilligkeit sowie ein starker Zug zum Menschen und eine ausgeprägte Empathie­fähigkeit gehören. „Nele entsprach allen diesen Erwartungen. Sie ist ein echter Glücksgriff!“ Über ein Jahr hat Nele dann mit ihrem Frauchen eine Ausbildung zum Therapie- und Begleithund besucht. Der Kurs ging über fünf Blöcke und fand bei SocialDogs in Nottuln statt. Nele ist speziell für den Einsatz im Hospiz ausgebildet worden. Der Fokus dieser Ausbildung liegt dabei auf dem Charakter des Hundes. „Bei uns gibt es nicht die Möglichkeit für Gruppenarbeiten mit Nele. Das ist für Therapiehunde in der Kita oder im Altersheim anders.“

Die gemeinsame Zeit hängt aber nicht nur vom Hund ab, wie die stellvertretende Leitung ausführt. „Wir setzen Nele nur dort ein, wo sie auch wirklich helfen kann“, macht Miriam Hellmich deutlich. „Bei Gästen, bei denen wir merken, dass sie eher Ballast ist als Nutzen, halten wir sie fern.“ Ziel ist es, dass Nele eine positive Stimmung vermittelt und für andere Themen sorgt. Das gelte nicht nur für die Gäste, sondern auch für deren Angehörige. „Der Aufenthalt in einem Hospiz bedeutet nicht nur für die Gäste einen schweren Schritt, sondern ist auch für die Angehörigen, die hier zu Besuch kommen, eine sehr ungewohnte Situation.“ Diese Situation kann die Hündin lockern und hat auch viele Kinder, die im Hospiz zu Besuch waren, bereits begeistern können. Im „Roten Läppchen“ muss Nele so sein, wie sie ist, wobei sie die Stimmung der Menschen aufnehmen und richtig deuten muss. „Sie hat gelernt, wie sie mit Menschen umgehen muss, die gerade so gut drauf sind, obwohl sie beim letzten Besuch nicht aufhören konnten, mit ihr zu spielen.“

Wenn das Halstuch kommt

Für ihre Kolleginnen und Kollegen auf zwei Beinen ist Nele auch eine Seelentrösterin. „Wer in der Hospizarbeit tätig ist, erlebt viele Situationen, die einen auf Dauer belasten können“, sagt Miriam Hellmich. „Sie gehören dazu, und wenn es zu viele sind, ist es manchmal normal, wenn wir ein Ventil brauchen. Viele Kolleginnen und Kollegen sagen dann gerne: ‚Ich gehe eben mit Nele raus‘, und spazieren mit ihr durch den Garten.“

Drei Mal die Woche acht Stunden am Tag ist Nele im Christlichen Hospiz Hamm. Im Büro von Miriam Hellmich hat sie auch ihr eigenes Körbchen. „Es sieht alles nach viel Spaß aus, wenn die Gäste sie streicheln oder sie füttern, aber für Nele ist die Beschäftigung hier auch Arbeit“, erläutert die stellvertretende Leitung. „Des­wegen hat sie hier auch einen Rückzugsort, an dem sie sich ausruhen kann.“ Dass Nele ihre Arbeit gerne macht, sieht Miriam Hellmich morgens, wenn sie das Halstuch für die Hündin raussucht. „Nele ist dann ganz aufgeregt, weil sie weiß, dass es gleich auf die Arbeit geht.“ ­Selten bleibt sie in ihrem Körbchen liegen. Dann weiß Miriam Hellmich, dass es Nele an dem Tag nicht nach dem Hospiz ist. „Hunde können generell nie gezwungen werden, und wenn Nele keine Lust hat, dann darf sie den Tag auch zu Hause verbringen.“ Die Arbeit im Hospiz sei auch für die Kollegin auf vier Pfoten manchmal eine Belastung, wie das Frauchen verrät. „Wenn jemand, mit dem sie viel im Hospiz gespielt hat, gar nicht mehr da ist, nimmt sie das auch mit. Dann laufen auch bei ihr die Uhren anders und sie braucht eine Auszeit.“

Diese Momente sind aber selten, denn Nele und das „Rote Läppchen“ gehören zusammen. Die Labradordame zieht die Aufmerksamkeit von Mitarbeitern und Gästen auf sich, sorgt für Abwechslung und lockert die Stimmung. „Nele ist eine absolute Stammkraft bei uns, die mit ihrer empathischen und liebenswürdigen Art Dinge bei den Gästen auslöst, die wir Menschen, die hier arbeiten und Fachwissen haben, nicht erreichen können“, fasst Miriam Hellmich den Wert von Nele für das Hospiz zusammen.