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»Im Takt der Gesundheit«

natürlich HAMM Frühling 2023 – Seite 21

Rubrik: Aus Praxis & Region

Autor: Meike Jänsch

Wie uns das Tanzen fit hält

Tanzen gehört zu den Höflichkeitsformen unserer Gesellschaft. Keine andere Aktivität trennt aber gleichzeitig die Gesellschaft in passionierte Tänzer und überzeugte Tanzverweigerer. Dabei liegt uns die rhythmische Bewegung im Blut. Es fördert zudem unsere ganzheitliche Gesundheit.

Zunächst ein Wort an die Nichttänzer: Amusie lautet der Fachbegriff für die Störung, Rhythmen nicht richtig einordnen zu können. Die schlechte Nachricht für Sie: Diese Störung ist angeboren und etwa 1,5 Prozent der Weltbevölkerung leiden darunter. Damit fällt sie als Ausrede weg. Also lustlos aufs Parkett geschlurft, denn auch Sie verfügen über ein Rhythmusgefühl. Es ist uns sogar angeboren, wie ein Experiment bewiesen hat. Dabei ist Säuglingen ein Rhythmus vorgespielt worden, der plötzlich ausgesetzt ist. Intuitiv haben die jungen Probanden den fehlenden Beat mitgeschlagen.

Tanzen entspannt

Tanzen ist eine ganzheitliche Sportart, die uns physisch und psychisch komplett fordert. Es ist dabei ganz gleich, ob wir uns alleine, nach unserem Rhythmusempfinden, bewegen, einem Stil oder einer Technik folgen oder ob wir im Paar oder in der Gruppe tanzen. Die gesundheitsfördernden Aspekte des Tanzens sind größtenteils identisch, egal ob beim Walzer oder beim Breakdance.

Eine besondere Beanspruchung dabei hat unser Körper. Es gibt wenige Situationen, in denen unser Körper so sehr angespannt werden muss wie beim Tanzen. Es werden dabei Muskel­gruppen gefordert, die wir sonst seltener aktivieren und die sich deswegen leichter verspannen. Der Vorteil für unsere Muskeln und Gelenke durch das Tanzen lässt sich entsprechend in einem etwas kryptischen Satz zusammenfassen: Verspannungen durch Anspannung vermeiden und dadurch Entspannung erlangen.

Koordination, Kombination und Kognitives

Viele Menschen kommen in ihren Jugend­jahren mit den Tanzformen von Standard und Latein in Kontakt. Dass in diese Lebensphase aber meist nicht nur der Besuch der Tanz-, sondern auch der Fahrschule fällt, kommt nicht von ungefähr. Genau wie die Beherrschung von Schritt, Oberkörper und Richtung verlangen Gaspedal, Kupplung, Lenkrad und Gang­schaltung neue koordinative Fähigkeiten, die besonders in jungen Jahren noch eingeprägt werden können. Das bedeutet nicht, dass nicht auch nach dieser Phase das Tanzen noch erlernt werden kann. Die verschiedenen Schrittfolgen und Kombinationen verlangen von uns immer wieder neue koordinative Fähigkeiten, die besonders das Gehirn stärken. Im Lernprozess werden neue synaptische Verbindungen im Kopf gebildet, die unser Denkorgan widerstandsfähiger gegen Erkrankungen machen.

Die Vorteile dieser Stärkung zeigen sich im Verlauf der Jahre. Wer sich regelmäßig dem Tanzen hingibt, der verringert die Wahrscheinlichkeit, an Demenz zu erkranken, um 20 Prozent. Was dem Gehirn guttut, das wirkt sich in der Regel auch positiv auf die Nerven aus. In der Behandlung von Parkinsonpatienten ist etwa fest­gestellt worden, dass Tanzen die Menge und Intensität der Zitteranfälle verringert. Das Tanzen findet in der Parkinsontherapie auch Verwendung, wenn es um das Wiedererlernen von Bewegungsabläufen geht. Dabei wird auf die eben erwähnte Neubildung von synaptischen Verbindungen gesetzt.

Tanz dich frei!

Dieser etwas in die Jahre gekommene Slogan entspricht auf vielen Ebenen der Wahrheit. Da wäre zum einen der Einfluss der rhythmischen Bewegungskombination auf den Hormonhaushalt. Wer tanzt, schüttet besonders viele Glückshormone, wie Endorphine, aus. Mehr noch macht uns das Tanzen mit Partner glücklich. Über den Hautkontakt wird zusätzlich das Hormon Oxytocin ausgestoßen, welches auch förderlich für unser Wohlbefinden ist. Wenn unser Körper einen Überschuss an Glückshormonen erlebt, bedeutet das auch die Reduzierung von Stress. In der Tat ist festgestellt worden, dass der Cortisolspiegel, also der Anteil des Stresshormons im Körper, geringer wird, wenn wir tanzen.

Ganz gleich, ob allein, zu zweit, mit mehreren, Freistil, Standard, Latein oder sportlich-akrobatisch – Tanzen tut uns ganzheitlich gut. Trotz alldem gibt es einen Tanz, dessen Wert für unser Wohlbefinden ein wenig heraussticht: den Tango. Seine Schrittfolgen, die sowohl neben als auch zwischen die Füße des Tanzpartners gehen, sowie viele Passagen, in denen sich die Partner rückwärts bewegen müssen, fördern unseren Gleichgewichtssinn und beanspruchen unsere Koordination in besonderem Maße. Sollte sich da nicht auch ein Nichttänzer einen Ruck geben und einmal dem Takt der Gesundheit folgen? So ein Tanz dauert auch nicht lange.