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»Wenn der Körper hart gearbeitet hat, darf die Seele auch gebauchpinselt werden«

natürlich HAMM Sommer 2021 – Seite 13 – Lesezeit: ca. 5,5 Minuten

Rubrik: Titelthemen

Autor: Lukas Rummeny

Ex-Zehnkämpfer Frank Busemann gibt Tipps für den sportlichen (Wieder-)Einstieg

Jeder Mensch weiß, dass Sport gesund ist und dass meistens schon ein paar Stunden Bewegung in der Woche ausreichen, um die Gesundheit zu fördern. Trotzdem können sich nur wenige motivieren. Auf was kommt es für Sie bei der richtigen Motivation an?

Wir müssen den Grund kennen. Wenn wir nicht wissen, wofür wir etwas tun, dann wird es schwer. Am Anfang ist die Überwindung zu Sport im Allgemeinen allerdings nur mit Selbstbetrug zu schaffen. Anfangs tut das meist weh und ein Flow will sich nicht einstellen. Das ­dauert ein wenig, man muss sich zwingen und immer sagen: „Das ist schön, das wird schon, das muss so sein, ich kann das“, aber dann ist es irgendwann normal.

Wie wirkt sich regelmäßige sportliche Betätigung im Berufs- und Privatleben aus?

Wir werden leistungsfähiger, stressresistenter, ausgeglichener und disziplinierter. Es gibt also keine Ausreden. Einziger Nachteil ist, dass man öfter das Sportzeug waschen muss. Heraus­fordernd kommt in einem engen Terminplan allerdings hinzu, entsprechende Zeitfenster zu finden. Das lässt sich nicht schönreden.

Menschen haben unterschiedliche körperliche Voraussetzungen. Das gilt auch für diejenigen, die nach Jahren der Nichtsportlichkeit wieder aktiv werden wollen. Welchen Menschen raten Sie, einen ärztlichen Rat einzuholen, bevor sie wieder aktiv werden?

Im Grunde genommen jedem! Wer sich lange nicht dem Arzt vorgestellt hat, der sollte das auf jeden Fall tun. Ganz gleich, ob er Sport machen will oder nicht. Gerade bei angestrebter sport­licher Betätigung empfiehlt es sich, auf Herz und Nieren geprüft zu werden, um den Sport genießen zu können. Auch wenn es mal ­Muskelkater gibt.

Menschen, die über einen längeren Zeitraum Sport betreiben, lernen früh, auf ihren Körper zu hören und ihn richtig einzuschätzen. Auf was müssen Wiedereinsteiger und Anfänger achten, damit der Sport nicht zum „Mord“ wird?

Dass sie nicht denken, das kann ich schon, früher ging das ja auch. Früher ist lange her und wir müssen schauen, was der Körper jetzt kann und braucht. Und wir dürfen nicht zu überstürzt anfangen. Das Training muss langsam und unterfordert beginnen und stetig gesteigert werden. Geben Sie sich Zeit. Dann wird Sport auch ein Genuss. So wie früher.

Die Liebe zu Sport und Bewegung gründet bei vielen Menschen in ihrer Kindheit. Was empfehlen Sie, als Leistungssportler und Familienvater, wie man bei den eigenen Kindern die Begeis­terung für Bewegung entfachen kann?

Das muss einfach mit einem aktiven Lebensstil vorgelebt werden. Wenn die Kinder sehen, dass die Eltern in Sportzeug aktiv sind, dann färbt das ab. Möglichkeiten schaffen und Kinder im Bewegungsdrang unterstützen ergänzt das Angebot.

Zu einem gesunden Leben gehört neben der ­Fitness auch die richtige Ernährung. Viele Menschen belohnen sich nach dem Sport aber gerne mit dem obligatorischen Eisbecher. Wie ver­meiden es Neueinsteiger, in einen Teufelskreis aus Erfolgen und Misserfolgen zu geraten?

Also ich finde den Eisbecher nach dem Sport vollkommen in Ordnung. Nicht jeden Tag, aber als Belohnung ab und zu ist er okay. Körper und Geist gehören zusammen, und wenn der Körper hart gearbeitet hat, darf die Seele auch gebauchpinselt werden. Wir müssen halt nur schauen, aus welchem Grund wir Sport machen: Wollen wir abnehmen, dann muss die Kalorienbilanz negativ sein, oder wollen wir ­fitter werden, dann muss sie ausgeglichen sein. Aber die Geißelung überlassen wir den Leis­-
tungssportlern. 

Angenommen, ein Wiedereinsteiger möchte mit dem Joggen anfangen, um etwas für sein Wohlbefinden zu tun, und es gibt auch keine medi­zinischen Bedenken. Wie würde bei diesen Gegebenheiten Ihr Trainingsplan in den ersten vier Wochen aussehen?

Das lässt sich schwer verallgemeinern, da es auch bei Wiedereinsteigern enorme Leistungsunterschiede gibt. Aber grundsätzlich kann man sagen, dass in den ersten beiden Wochen 

2 sehr langsame Laufeinheiten von 20 Minuten Dauer sinnvoll wären. In Woche drei und vier kommt eine dritte Einheit mit 30 Minuten hinzu. Das reicht vollkommen. Wichtig: Wer sich dabei überanstrengt, muss weniger machen. Am Anfang muss man denken: „So ein bisschen soll reichen? – Ja!“

Kurz und Knapp: Warum sollte sich jeder Mensch sportlich betätigen?

Mens sana in corpore sano (ein gesunder Geist in einem gesunden Körper). Dann ist das Gesamtpaket stimmig.

Kurzvita Frank Busemann

Sport hat im Leben von Frank Busemann schon immer eine große Rolle gespielt. 1975 in Recklinghausen geboren, kam er schon früh zur Leichtathletik. Mit 16 Jahren spezialisierte er sich zunächst auf den 110-Meter-Hürdenlauf. In dieser Disziplin feierte Frank Busemann erste große Erfolge, wie etwa den Gewinn der Bronzemedaille bei der U20-Europameisterschaft 1993 und im darauffolgenden Jahr den Sieg bei der U20-Weltmeisterschaft.

1994 bestritt er seinen ersten Zehnkampf und wurde zur langjährigen Nummer eins in Deutschland. Frank Busemanns größter Erfolg ist der Gewinn der olympischen Silbermedaille 1996 in Atlanta, wo er auch seine persönliche Bestleistung von 8.706 Punkten aufgestellt hat. 1997 gewann er die Bronzemedaille bei der Leichtathletik-WM in Athen.

Seit dem Ende seiner Profikarriere war Frank Busemann in verschiedenen Bereichen tätig. So ist er als TV-Experte und Co-Kommentator bei der ARD und war als Sportlicher Leiter im Deutschen Zentrum für Präventivmedizin tätig. Seit 2003 bietet Frank Busemann Vorträge, Seminare und Coaching für Unternehmen und Menschen in leitenden Funktionen an.

Sport gehört aber nach wie vor zu Frank Busemanns Leben. Das stellte er auch in der Sendung Ewige Helden des Privatfernsehsenders VOX unter Beweis, die er 2016 gewann.

Heute lebt Frank Busemann mit seiner Frau Katrin und den drei gemeinsamen Kindern in Dortmund.