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»Auf Temperatur bleiben«

natürlich HAMM Winter 2021 – Seite 4

Rubrik: Titelthemen

Autor:
Matthias Wieland

Wie sich unser Körper warm hält und was wir dafür machen können

Wenn mit den letzten Sommertagen die Sonnenstrahlen schwächer und die Nächte länger werden, ändert jedes Lebewesen sein Verhalten. Alle, auch der Mensch, versuchen dann, möglichst wenig Temperatur zu verlieren. Was unternimmt eigentlich der Körper, um die Temperatur zu halten, und was können wir bewusst tun?

Zunächst einmal eine gute Nachricht: Der Mensch gehört zu den homöothermen Lebewesen. Sein Körper kann die Temperatur ­selbstständig regeln und braucht dazu keine externe Wärme- oder Kältequelle. Umgangssprachlich wird der Mensch daher auch als „Warmblüter“ bezeichnet.

Der menschliche Körper hat eine Körperkerntemperatur von 36 bis 37 Grad Celsius. Wie hoch sie tatsächlich liegt, hängt von unterschied­lichen Faktoren ab, wie Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand usw. Zudem ist im Tagesverlauf eine Schwankung von 1 Grad Celsius normal. Daher ist die Körperkerntemperatur frühmorgens niedriger als am späten Nachmittag. 

Körpertemperatur ist nicht gleich Körpertemperatur

Ist Ihnen was aufgefallen? Eben war bereits von der Körper-Kern-Temperatur die Rede. Sehr häufig wird der, Verzeihung, „kernige“ Zusatz genommen, wenn die Körpertemperatur im Allgemeinen gemeint ist. Gibt es einen Unterschied?

Auf jeden Fall! In der Medizin wird zwischen der Körperkerntemperatur und der Körperschalentemperatur unterschieden. Die Kerntemperatur, die sich im Innern des Körpers befindet, ist relativ konstant, während die Schalentemperatur sehr von der Außentemperatur abhängig ist. Zur Messung der Körperkerntemperatur werden Thermometer in die Körperhöhlen gesteckt. Welche Höhle Sie dafür bevorzugen, bleibt Ihnen überlassen. Nur so wird ein verlässlicher Wert über die Temperatur im Körper übermittelt. Wer das Thermometer unter die Achselhöhle hält, bekommt zwar auch ein Ergebnis, aber es ist wesentlich ungenauer als bei den anderen Methoden. Selbiges gilt auch für Stirnthermometer, die sich in den letzten Jahren einer immer größer werdenden Beliebtheit erfreuen. Zudem ist die Temperatur im Körperkern auch wichtiger für die Gesundheit des Menschen als die der Körperschale. Das liegt daran, dass sich im Körper die meisten Organe befinden und diese unter der Körperkerntemperatur arbeiten.

Temperaturregulierung von innen nach außen

Die Wärmeregulierung des Körpers geschieht durch zwei Prozesse. Diese wendet der Körper automatisch an, wenn die Außentemperatur nicht in unserem „Wohlfühlbereich“ liegt. 

Befindet sich der Körper in einer Ruhephase, ist die Temperaturregulierung vom Stoffwechsel abhängig. Die Temperaturregulierung basiert dabei auf einem Austausch von Wärme und körpereigenen Stoffen zwischen dem Körperkern und der Körperschale. Dabei trifft Blut, das von innen nach außen fließt (arterielles Blut), auf solches, das von außen nach innen kommt (venöses Blut). Dabei wärmt das arterielle Blut das venöse auf, während umgekehrt das venöse Blut das arterielle abkühlt. In der Ruhephase übernimmt der Stoffwechsel 60 Prozent der Wärmeregulierung, die Muskeln nur 30 Prozent.

Das ändert sich, wenn der Mensch in Bewegung ist. Wir kennen das vom Sport, besonders im Sommer. Der Energieaufwand steigt und damit auch die Körperkerntemperatur. Es sind dabei v. a. die Muskeln und Gelenke, die den Blutstrom und den Stoffwechsel antreiben. Sie übernehmen dann 90 Prozent der Wärmeregulierung. Dabei erhöht sich die Temperatur des Körpers so sehr, dass die Wärme über Schweiß abgegeben wird.

Da sich der Körper beim Sport in einer Extremsituation befindet, steigt auch die Körperkerntemperatur. Die Werte, die dann erreicht werden können, wären im Ruhezustand gefährlich. So ist es bei einem Marathonläufer nicht ungewöhnlich, wenn er während des Laufs eine Körperkerntemperatur von 39 Grad Celsius erreicht. Da der Körper des Läufers aber trainiert ist, kann er eine so hohe Temperatur, über eine gewisse Zeit, aushalten. Damit dieser Zustand nicht zur Gefahr wird, sind regelmäßige Pausen und Kühlungen beim Sport wichtig. Denn so kann die Temperatur auf ein vertretbares Niveau gesenkt und der Stoffwechsel geschützt werden.

Sie müssen jetzt aber nicht mit Ausdauersport anfangen, um Ihren Stoffwechsel anzutreiben. Viele Experten vertreten die Meinung, dass 10.000 Schritte am Tag dafür auch ausreichen.

Temperaturregulierung von außen nach innen

In den genannten Varianten handelt es sich um Stoffwechselprozesse. Die Ausgangspunkte dieser Methoden liegen immer im Körperinneren. Es gibt aber auch Varianten der Temperaturregulierung, die an der Körperschale stattfinden. Sie sorgen dafür, dass wir uns bei jeder Umgebungstemperatur wohlfühlen.

Ein Prozess ist die Konduktion. Sie nimmt ihren Ausgangspunkt an der Körperschale, besser bekannt als Haut. Eine Konduktion tritt dann auf, wenn die Haut mit einem Gegenstand Kontakt hat und ein Wärmeaustausch stattfindet. Wir kennen das etwa von einer heißen Tasse Tee, die wir in unserer Hand halten, um uns zu wärmen. Ein anderes Beispiel ist eine Fläche, auf der wir längere Zeit gesessen haben. Wenn wir dann aufstehen, merken wir, dass die Fläche sich erwärmt hat.

Der andere Prozess, der zur Anpassung an die Umgebungstemperatur dient, ist die Konvektion. Dann fließt warmes Blut vom Körperkern an die Schale (Haut), wo es auf die kältere Umgebungstemperatur trifft. Es entsteht eine Konvektion, in der die Wärme des Blutes an die Luft abgegeben und die Temperatur angepasst wird.

Was wir tun können

Im Herbst und Winter sind wir noch mehr darauf bedacht, die Temperatur in unserem Körper aufrechtzuerhalten, als im Frühling und Sommer. Regen, Sturm und Kälte sorgen dafür, dass wir uns unwohl fühlen. Aber nicht nur das Unwohlsein, auch der Schutz vor kältebedingten Krankheiten veranlasst uns dazu, vermehrt auf die Körpertemperaturen zu achten. Die Gefahren sind zahlreich und reichen von Erkältungssymptomen bis zum Organversagen. Aber wie halten wir unseren Körper im Winter richtig warm?

Ein wichtiger Punkt ist das richtige Essen. Die letzten heißen Tage des Jahres sollten auch die letzten Tage der leichten, nicht zu sehr erhitzten Mahlzeiten sein. Statt der erfrischenden ­Gazpacho gibt es im Winter wieder heiße Suppen. Ebenso sieht es bei der Kleidung aus. Basecap, kurze Hosen und Sneaker dürfen in die Winterruhe verabschiedet und Wollmütze, lange Hosen und gefütterte Schuhe wieder herausgeholt werden. Ebenso schützt Multifunktionsunterwäsche vor Kälte und sorgt für ein mollig-warmes Gefühl. Sehr zu empfehlen sind Kleidungsstücke aus Merinowolle oder aus atmungsaktiven Textilien.

Die Kleidung hilft v. a. dabei, die Haut warm zu halten. So wird verhindert, dass zu viel körpereigene Wärme an die Umwelt abgegeben wird. Die Kerntemperatur wird davon weniger beeinflusst. Sie wird eher durch die richtige Nahrung unterstützt.

Warmes Essen und Winter, da führt kein Weg am Eintopf vorbei. Das ist auch richtig. Die heißen, durchgezogenen Suppen sorgen nicht nur für sofortige Wärme, die sofort spürbar ist, sondern beinhalten durch Knollengemüse, Kohl und Kartoffeln auch viele Vitamine und Spurenelemente, die das Immunsystem nun dringend benötigt.

Ebenso wie mittags oder abends eine Suppe für die Wärme sorgt, können wir uns auch morgens schon warm ernähren. Das Frühstück wird nicht zu Unrecht als wichtigste Mahlzeit des Tages bezeichnet. Ihr folgen zahlreiche Stunden, in denen der Körper viel Energie verbraucht, gerade bei kalten Temperaturen. Ein warmes Frühstück füllt noch einmal den Wärme- und Energiespeicher des Körpers auf, damit die frühe Kälte gut überstanden werden kann.

Da empfiehlt sich ein Klassiker, der vielen von uns als eher weniger schmackhaftes Frühstück bekannt ist: die Haferschleimsuppe. Über Umwege kommt sie nun wieder in unsere Küchen zurück und gewinnt unter dem Namen Porridge immer mehr Anhänger. Dabei bilden Hafer und Milch, auch gerne Mandelmilch, nur die Basis. Garniert mit Obst, Trockenfrüchten, Schokolade, Gewürzen etc. wird aus dem geächteten Frühstück ein wahres Powerfood.

Viele Menschen haben auch gerne einen kleinen Snack an ihrer Seite. Hier kommt es auf gute Nährstoffe an. Sie bringen Energie, die der Körper zur Wärmeerhaltung verwenden kann. Sehr zu empfehlen sind Nüsse, die viele ungesättigte Fettsäuren beinhalten, welche der Körper gut verbrennen und somit in Wärme umwandeln kann.

Die Regulierung der eigenen Temperatur stellt für den Körper kein Problem dar. Trotzdem benötigt er Unterstützung, damit wir gesund durch Herbst und Winter kommen. Es gibt vieles, was wir dafür machen können, damit wir „auf Temperatur“ bleiben.